Reisebericht von der Fahrt nach Mali vom 20.3.bis 10.4. 2010

Der FC ist überall

Teilnehmer: Klaus Harnacke mit seiner Frau Dorothee, Jürgen Piepenbrock mit seiner Tochter Karoline

 

20.3.: Abflug von Brüssel nach Casablanca, von dort weiter nach Bamako, der Hauptstadt von Mali.

 

21.3.: Ankunft in Bamako nachts um 2:30 Uhr. Hablo Ba, der Schirmherr unseres Projekts, Schulleiter und stellvertretender Bürgermeister von Bandiagara, holt uns vom Flughafen ab. Da unser Gepäck wegen der vielen Gastgeschenke die Kapazität seines Autos übersteigt, brauchen wir zwei Autos, um zu unserem Hotel zu kommen. Glücklicherweise hat der Hotelier sein Zweitauto mitgebracht. Der Zustand des Wagens ist abenteuerlich, aber wir kommen an. Die Hauptstraßen in Bamako sind zwar asphaltiert, aber sobald man sie verlässt, fährt man auf Schotterpisten und Schlagloch reiht sich an Schlagloch. Man kommt nur sehr mühsam vorwärts. Auch unser Hotel liegt an einer solchen Straße. Überall schlafen die Menschen draußen unter irgendwelchen Vordächern oder auch ohne jeden Schutz, aber es ist ja Trockenzeit. Ansonsten ist Bamako immer noch wie vor 14 Jahren, es gibt nur wenige Viertel, die an eine westliche Hauptstadt erinnern, zum größten Teil ist die Stadt wie ein überdimensionales Dorf, in dem die Menschen wie auf dem Land mit ihren Tieren leben.

Nach kurzer Nacht im stickigen Hotel Fahrt durch die Stadt und Besichtigung des Sandhafens. Überall wird Sand, der ca.100 km flussaufwärts aus dem Niger geschaufelt worden ist, von Piroggen abgeladen und von jeweils zwei Trägern auf einem Brett auf einzelne Haufen geschüttet, um dann zum Bauen abtransportiert zu werden.

Abends treffen wir uns mit Babadjan, den wir vor 14 Jahren in Bamako kennengelernt haben, in einer Kneipe. Auf dem Rückweg Polizeikontrolle: Nicht die von unserem Fahrer konsumierten Biere interessieren die Polizisten, sondern der nicht vorhandene Pass meiner Tochter Karoline. Wir sollen mit zur Wache kommen oder alternativ umgerechnet 30€ bezahlen. Wir entscheiden uns für die letztere Variante und fahren verärgert weiter. Eine Quittung gibt es nicht, irgendjemand macht sich davon wohl einen netten Abend.

 

22.3.: Abfahrt nach Bandiagara. Da Hablos Auto zu klein ist, müssen wir noch ein weiteres Auto organisieren. Der Bruder eines Freundes aus Bandiagara lebt in Bamako und bietet sich an, uns zu fahren, weil er bei der Gelegenheit seine Familie besuchen kann. Die Fahrt dauert mit kleineren Pausen 11 Stunden, wobei die letzten 2 Stunden bei Dunkelheit absolviert werden müssen, was ziemlich problematisch ist, da auf der Straße neben den Autos auch unbeleuchtete Fuhrwerke und Fußgänger z.T. mit Vieh unterwegs sind. Außerdem gibt es auch durchaus ernst zu nehmende Schlaglöcher. Abends große Begrüßung bei Hablos Familie. Wir beziehen wieder unseren bereits bewährten Schlafplatz auf dem Dach von Hablos Haus.

Die Schule hat wieder begonnen

 

23.3.: Tag in Bandiagara: Besuch beim Bürgermeister und bei der für die Lehrereinstellung zuständigen Behörde, aber der Chef hat leider keine Zeit für uns. Rundgang durch die Stadt – es hat sich nicht viel verändert in den 14 Jahren außer der Tatsache, dass es Strom gibt, was die Straßen aber auch nicht viel heller macht. Überall werden wir freundlich begrüßt und müssen Hände über Hände schütteln. Immer wieder kommen Kinder und berühren unsere weiße Haut, um zu prüfen, wie die sich anfühlt. Nachdem sie dann Zutrauen gefasst haben, haben wir fast immer Kinder an der Hand. Manchmal gibt es fast Streit um unsere Hände, so dass jeder von uns gleich mit mehreren Kindern an der Hand durch die Stadt geht.

 

24.3.: Tag des großen Festes zum 15jährigen Bestehen der Schule in Lougourougoumbou: Wir werden von einem Jeep abgeholt und zum Haus von Hamidou Kassougué gefahren. Die Familie Kassougué stellt seit Generationen den Chef de Village von Lougourougoumbou. Hamidou selbst wohnt nicht im Dorf, sondern in Bandiagara, wo er beim DED arbeitet. In seinem Haus ist Treffpunkt für alle, die mitfahren wollen. Auf dem einen Pick Up fährt eine Musikgruppe mit Tänzerinnen und Tänzern, in den zweiten Jeep werden ca. 20 Menschen verstaut, verteilt auf 6 Sitzplätze und den Kofferraum, und in dem dritten Auto sitzen wir. Eine knappe Stunde geht es über eine Schotterpiste bis nach Lougourougoumbou. An der Schule wird uns von einer großen Menschenmenge aus Schülern (obwohl Ferien sind) und Dorfbewohnern ein großartiger Empfang bereitet. Unter dem Vordach der Schule ist eine Ehrentribüne aufgebaut. Für uns wird das volle Programm aufgeführt, Reden, Tanz zu den Trommeln, Salutschüsse durch die Jäger und die traditionellen Maskentänze z.T. auf Stelzen, eine Tradition, die auf den Animismus zurück geht. Klaus Harnacke hält für uns die Rede und überbringt die Grüße unseres Schulleiters Herrn Memmert. Die Reden werden z.T. auf Französisch gehalten und in Dogon, die dortige Regionalsprache, übersetzt oder umgekehrt. Anschließend gibt es für uns und die anderen Gäste ein Mittagessen zusammen mit den wichtigen Männern aus den insgesamt 5 Dörfern, die ihre Kinder in die Schule nach Lougourougoumbou schicken. Man isst den Reis mit Hammel aus der gemeinsamen Schüssel traditionell mit den Fingern – alles reine Gewöhnungssache. Die Dorfbewohner haben sogar eiskalte Cola in einer Kühltasche für uns besorgt. Danach überreichen wir unsere Geschenke für die Schule und ihre Kinder – Fußbälle, Stifte, Landkarten von Afrika und Deutschland und der ganzen Erde sowie ein Schwungtuch. Das muss natürlich sofort ausprobiert werden und alle machen begeistert mit, die Kleinen wie die Großen, die Jungen wie die Alten. Alle zerren und reißen an dem Tuch, so dass wir Angst haben, dass es das erste Ausprobieren nicht übersteht. Für die Lehrer und die anderen wichtigen Leute aus dem Dorf gibt es Lessing-T-Shirts mit aufgedrucktem Namen.

Als dann die Feier vorbei ist, werden wir ins Dorf geleitet – die Schule steht etwas abseits in der Nähe der Straße – und beziehen unser Gästehaus. Vor 14 Jahren wohnten wir noch in einer fensterlosen Art Speicher, aber inzwischen gibt es ein richtiges Gästehaus mit eigenem Plumpsklo, d.h. wir müssen nicht mehr in die Büsche gehen wie die übrigen Dorfbewohner. Nindiou, der Sohn des alten Chef de Village, lädt uns zum Tee bei sich ein. Wir überreichen die weiteren Geschenke unserer Schüler aus Zündorf, zeigen Fotos von unserer Schule und erfahren, was in den 14 Jahren passiert ist in dem Dorf. Viel hat sich nicht verändert außer der Tatsache, das einige wenige inzwischen auch hier ein Handy haben, das sie mit Hilfe eines kleinen Solarmoduls aufladen, denn Strom gibt es noch immer nicht. Abends beziehen wir unser Nachtquartier wie gehabt auf dem Dach unserer Hütte. Es gibt nichts Schöneres als unter dem gewaltigen Sternenhimmel zu schlafen. Leider sehen wir dieses Mal viel weniger Sterne, weil die ganze Atmosphäre durch die in der letzten Zeit aufgekommenen Sandstürme viel Staub enthält, was auch dazu führt, dass die Sonnenuntergänge wesentlich weniger spektakulär sind.

 

25.3.: Schon während unserer Morgentoilette kommt der erste Besuch, Moctar Kassogué, der Repräsentant des Dorfes in Bandiagara, und Nindiou, der Sohn des Chef de Village. Sie wollen mit uns das Programm des Tages besprechen und stören sich auch nicht daran, dass wir uns vor dem Haus waschen. Nach dem Frühstück (Hühnchen mit Reis) geht es nach Sangha, einem Ort im Dogonland, Zentrum des hiesigen Tourismus. Hier gibt es eine große Fête anlässlich des 100jährigen Bestehens einer von den Franzosen gegründeten Schule. Angeblich sollen auch der Präsident von Mali sowie Jacques Chirac, der ehemalige französische Präsident, anwesend sein, was sich aber als Fehlinformation herausstellt. Trotzdem ein interessantes Fest mit Musik, Trommeln und den traditionellen Maskentänzen. Abends diskutieren wir in Lougourougoumbou mit den Dorfältesten, wie es mit der Schule weitergehen soll. Wir eröffnen ihnen unser Vorhaben, mit der Produktion von Sonnenstrom auf dem Dach des Lessing-Gymnasiums Geld zu erwirtschaften, mit dem wir die Einstellung weiterer Lehrer finanzieren möchten. Das löst große Begeisterung aus.

 

26.3.: Heute steht der offizielle Besuch der anderen 4 Dörfer an, deren Kinder die Schule in Lougourougoumbou besuchen. Eine Delegation aus Lougourougoumbou begleitet uns. In jedem Dorf dieselbe Zeremonie: Treffpunkt in oder vor Toguna, dem Palaver-Haus, das aus aufgeschichteten Natursteinen besteht. Das Dach besteht aus aufeinandergestapeltem Hirsestroh und hat eine Dicke von ca. 1,5 m. Die Decke ist aber sehr niedrig, so dass man nur in gebückter Haltung hineingehen kann. Dies hat seinen Sinn: wenn die Emotionen einmal bei einer Diskussion hochkochen und die Redner aufspringen (wollen), werden sie durch die unangenehme Berührung mit der Decke wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Zuerst begrüßt uns der jeweilige Chef deVillage, Klaus Harnacke antwortet und stellt unsere weiteren Pläne vor. Dann überreicht Klaus jedem Chef de Village eine Anstecknadel mit dem Kölner Dom als Zeichen der Verbundenheit zwischen dem Dorf und der Heimatstadt des Lessing-Gymnasiums. Überall werden unsere Pläne mit großer Genugtuung bis hin zu Begeisterung aufgenommen. Aus jedem Dorf kommen dann einige Leute mit uns und begleiten uns zum nächsten Dorf, so dass unsere Delegation immer größer wird.

Abends Doppelkopf-Spielen bei Mondlicht ohne Taschenlampe (und es ist noch nicht einmal Vollmond)!!!

 

27.3.: Morgens Besuch in dem letzten Dorf, was wir gestern nicht mehr geschafft haben, da die Dörfer bis zu 2 Stunden Weg auseinanderliegen. Anschließend noch einmal die offizielle Begrüßung im Palaver-Haus von Lougourougoumbou. Der Vorsitzende des Elternvereins erklärt uns, dass auch viele Eltern in der Schule Französisch lernen möchten. Im Rahmen eines Hilfsprojekts können sie Kleinkredite aufnehmen. Die Verträge sind aber in französischer Sprache verfasst, so dass sie teilweise ihre Kinder zum Übersetzen mitnehmen müssen. Da die Schule aber keine Beleuchtung hat und sie meist nur abends Zeit zum Lernen haben, klappt das zur Zeit nicht. Wir erwidern, dass wir auch bereits über eine Elektrifizierung der Schule mit Hilfe einer kleinen Fotovoltaikanlage nachgedacht haben und fühlen uns in unseren Plänen bestätigt. Nach diesem Gespräch besuchen wir noch einmal die Schule (ohne Schulbetrieb – es sind ja noch Ferien) und untersuchen, wie und wo man Beleuchtung in den Klassenräumen anbringen kann. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Decke abgehängt ist und zu schwach ist, um daran Lampen zu befestigen. Also kommen nur die Wände in Frage. Wir messen die Größe der Räume, um dann zu Hause in Köln die notwendige Anzahl von Leuchtstoffröhren zu ermitteln. Bei der Gelegenheit werden wir auch auf kleinere Schäden an den beiden Schulgebäuden hingewiesen. Wir sagen zu, dass wir uns darum kümmern werden. Außerdem muss das Lessing-Logo dringend erneuert werden, das im Laufe der 15 Jahre vom Regen abgewaschen worden ist. Auch das geben wir in Auftrag. Ein letzter Wunsch ist die Reparatur einer defekten Pumpe an einem Brunnen in der Nähe der Schule. Da die Schüler dort kein Wasser mehr trinken können, gehen sie – so wird uns erläutert – jetzt in der Trockenzeit zu einem Restwasserloch des nahen Flusses, um dort Wasser zu trinken, was sicherlich nicht der Gesundheit zuträglich ist. Glücklicherweise haben wir von der Elternpflegschaft des Lessing-Gymnasiums Geld für ein Projekt unserer Wahl vor Ort bekommen und können deshalb einen Brunnenbauer mit der Reparatur beauftragen.

Da dieses schon unser letzter Tag in Lougourougoumbou ist, veranstalten die Bewohner aller 5 Dörfer für uns ein großes Tanzfest unter dem fast 1000 Jahre alten Baobab (Affenbrotbaum). Alle Leute, jung und alt, sind auf den Beinen. Wir sitzen auf einer Art Ehrentribüne, werden dann aber selbstverständlich zum Mittanzen aufgefordert. Die Leute tanzen und trommeln sich regelrecht in Trance und die Älteren haben teilweise Schwierigkeiten, die Tanzenden zu steuern und für uns eine Sichtgasse freizuhalten. Als es dunkel wird, beendet Nindiou das Fest und wir werden von den Tänzern und Trommlern zu unserem Gästehaus begleitet.

 

28.3.: Morgens werden wir von Hablo mit einem Jeep und Fahrer abgeholt und fahren noch einmal nach Sangha, weil wir eine Wanderung durch die berühmten Falaises de Bandiagara machen wollen. Die Landschaft und der Ausblick sind fantastisch. Ein Führer erklärt uns, dass die ursprünglich Bevölkerung, die Telem, sich hierher zurückgezogen haben, um der Islamisierung zu entgehen. In den Felswänden finden sich noch Höhlen, in denen sie gewohnt haben. Oberhalb davon finden sich weitere Höhlen, in die die Toten gelegt wurden. Die Knochen liegen immer noch dort. Die Wanderung ist sehr schön, aber auch sehr anstrengend angesichts der Temperaturen von 40° C und mehr – im Schatten!! In der Regenzeit befinden sich hier – so sagt unser Führer – viele Wasserfälle und – man mag es kaum glauben – große Krokodile. Auf die Frage, wo die denn jetzt sind, sagt er zu unserer Verwunderung, dass sie immer noch da sind, versteckt in irgendwelchen unterirdischen Felshöhlen und auf die nächste Regenzeit warten. Als wir dann nach 4 Stunden Wanderung wieder in der Zivilisation sind, schmeckt das Bier unvorstellbar gut, vor allem, weil wir die letzten Tage nur mit Tabletten aufbereitetes Wasser getrunken haben, das dadurch nach Chlor schmeckt und in Ermangelung von Kühlmöglichkeiten eine Temperatur von 40 bis 50 Grad hat.

Dann geht es zurück nach Lougourougoumbou, wo noch unser Gepäck steht. Große Verabschiedung von den Einwohnern und Weiterfahrt nach Bandiagara zu Hablos Haus.

 

29.3.: Ein recht erholsamer Tag in Bandiagara. Wir führen weitere Gespräche über die geplante Einstellung der Lehrer, unter anderem mit einem ehemaligen Kollegen von Hablo, der für die Lehrerausbildung zuständig ist. Er verspricht uns behilflich zu sein und mit dem Chef des CAP (vergleichbar mit dem obersten Schuldezernenten bei uns) unser Anliegen zu besprechen. Da heute Markttag ist, nutzen wir die Gelegenheit, schon mal die ersten Mitbringsel zu kaufen. Am Abend findet im Kulturzentrum ein Wettbewerb in traditionellem Tanz und Theater statt, bei dem Hablo als stellvertretender Bürgermeister in der Jury sitzt und uns mitnimmt.

 

30.3.: Besuch beim DED (Deutscher Entwicklungsdienst), der ein Büro in Bandiagara unterhält. Der Chef gibt uns Tipps für unser Projekt der Elektrifizierung und verspricht uns bei der Durchführung behilflich zu sein. Er nennt uns Firmen, mit denen er bereits zusammengearbeitet hat, für den Transport der Anlage sowie den Aufbau vor Ort. Dann treffen wir Abel, den wir mit der Reparatur der defekten Pumpe an dem Brunnen in Lougourougoumbou beauftragen wollen. Er verspricht, die Arbeiten in den nächsten Tagen durchzuführen. Am Nachmittag Gespräch mit einer deutschen Architektin von der katholischen Mission, die schon 5 Jahre als Entwicklungshelferin dort arbeitet. Sie gibt uns weitere Tipps, wie wir den Einwohnern in Lougourougoumbou helfen können, z.B. durch den Bau von Latrinen, die im Rahmen eines Hilfsprojekts preiswert zur Verfügung gestellt werden und die hygienischen Verhältnisse in dem Dorf erheblich verbessern. Eine andere Idee besteht darin, dass man den Frauen Geld für eine Hirsemühle gibt, die sie selbst verwalten und die die mühsame Arbeit des Hirsestampfens überflüssig macht. Ihre Anregungen sind sehr hilfreich, denn sie kennt die Verhältnisse wirklich gut und natürlich auch die Schwierigkeiten bei der Durchführung.

Am Abend treffen wir uns mit Amadimé Guindo, dem Schulleiter von Lougourougoumbou, der in Bandiagara wohnt. Er erklärt uns, dass einer der Lehrer der Schule nebenher eine kleine Baufirma betreibt und sich bereit erklärt hat, die Reparaturarbeiten an der Schule durchzuführen. Das Dach muss abgedichtet und die Fensterläden mit Haken befestigt werden, damit sie nicht immer durch den Wind zugeschlagen und dabei beschädigt werden. Wir bitten ihn, uns einen Kostenvoranschlag zu machen.

 

31.3.: Da wir unser offizielles Programm soweit abgeschlossen haben bzw. im Moment nichts mehr dafür tun können, machen wir unsere erste Tour, um das Land weiter zu erkunden. Wir fahren nach Douentza und Hombori zur Main de Fatima, einem imposanten Felsgebilde, das etwa 800 m fast senkrecht aus der Landschaft ragt. Von Douentza aus machen wir mit einem Führer einen Ausflug in den Busch Richtung Timbuktu, wo es eine große Elefantenherde geben soll – man muss sie nur finden. Wir fahren 3 Stunden über Wege, die kaum als solche zu erkennen sind, es wird immer wüstenhafter, der Staub kommt durch jede Ritze des Autos und färbt unsere Haare rot. Schließlich kommen wir an einen riesigen See inmitten der Halbwüste – hier sollen irgendwo die Elefanten sein. Unser Führer erkundigt sich bei einem Tuareg, der sie vor 2 Stunden noch gesehen hat. Zu Fuß suchen wir weiter und tatsächlich entdecken wir in der Ferne eine Gruppe aus mehreren Elefanten. Wir wollen näher heran, aber unser Führer klärt uns auf, dass es ziemlich gefährlich ist zu nah heranzugehen, da die Tiere manchmal recht aggressiv sind. Er prüft die Windrichtung und führt uns dann gegen den Wind näher an die Elefanten heran. Wir fotografieren und filmen und können uns gar nicht satt sehen, aber unser Führer drängt zum Aufbruch, denn es ist schon spät geworden und eine lange Fahrt nach Hombori steht noch bevor. Wir machen uns auf den Weg und schaffen es tatsächlich nicht mehr, vor Einbruch der Dunkelheit nach Hombori zu kommen. Und dann wird es richtig abenteuerlich: unser Fahrer ‚heizt‘ immer schneller durch die Dunkelheit und man hat nur wenige Meter Sicht. Immer wieder tauchen Lichter in der Dunkelheit auf und wir hoffen endlich da zu sein, aber es sind nur kleinere Dörfer, die auf unserer Karte nicht eingezeichnet sind. Um 21 Uhr, d.h. nach 2 Stunden Fahrt durch die Dunkelheit, kommen wir schließlich in Hombori an und in unserer Unterkunft gibt es tatsächlich eine richtige Dusche, ein richtiges Klo mit Schüssel, eiskaltes Bier und im Fernsehen läuft das Champions League –Spiel Bayern München gegen Barcelona!

 

1.4.: Mit einem Führer geht es morgens früh zur Main de Fatima. Leider ist die Sicht nicht sehr gut aufgrund der vielen Sandstürme in der letzten Zeit. Von weitem sind die Felsen überhaupt nicht zu sehen. Erst kurz bevor man sie erreicht, tauchen sie aus dem Dunst auf. Unser Führer erzählt uns, dass er selbst schon oft den Felsen erklettert hat, und zeigt uns auch die Haken, die er in den Felsen gehauen hat, um das Sicherungsseil daran zu befestigen. Wir wandern mit ihm über einen Felsrücken zwischen dem 3. und 4. Finger (Die Felsen haben die Form von Fingern, daher der Name „Main de Fatima“). In 4 Stunden geht es ziemlich steil bergauf und bergab. Glücklicherweise ist es recht früh am Tag und die Sonne knallt noch nicht so sehr. Wie man allerdings diese fast senkrechten Felsen erklettern kann, erschließt sich nur sehr schwer. Aber die Besteigung ist in Filmen und Artikeln festgehalten.

Am Nachmittag geht es zurück nach Douentza, wo wir noch einmal übernachten.

 

2.4.: Aufbruch nach Borko, einem sehr interessanten Ort am Fuß der Falaises de Bandiagara. Der Ort ist deshalb ungewöhnlich, weil er im Gegensatz zu den anderen Orten in dieser Gegend das ganze Jahr aufgrund mehrerer Quellen über ausreichend Wasserverfügt . Deshalb ist die Gegend fast wie der Garten Eden, in dem alles wächst, was man sich wünschen kann. Die weitere Besonderheit liegt darin, dass mitten in dem Ort in einem Tümpel Kaimane leben, die als heilig verehrt werden. Das sind für uns Gründe, einen Umweg von 50 km zu machen und uns den Ort anzusehen. Hablo führt uns zunächst zum Bürgermeister, seinem Kollegen, der uns freundlich begrüßt. Wir erzählen, dass wir die Kaimane sehen wollen. Der Bürgermeister sagt, dass das nur mit einem Führer geht, den er für uns kommen lässt. Da unser Bargeld allmählich knapp geworden ist – der einzige Geldautomat außerhalb der Hauptstadt befindet sich in Mopti, in ca. 150 km Entfernung – bekommen wir ausnahmsweise einen Preisnachlass. Als der Führer kommt, fragen wir uns alle, wo er uns denn nun hinführt zu den Kaimanen. Zu unserer größten Verwunderung führt er uns nirgendwo hin, sondern stößt einen kurzen Pfiff aus und direkt gegenüber vom Bürgermeisterbüro kommt auf einmal Leben in einen Tümpel, der so zugewachsen ist, dass man ihn kaum als solchen erkennt, und ein Kaiman nach dem anderen kommt heraus und bewegt sich auf uns zu. Wir sind völlig verdutzt. Nachdem der erste bedrohlich nah an uns heran gekommen ist und wir etwas unruhig werden, geht der „Dompteur“ auf ihn zu und haut ihm leicht mit dem Stock auf das Maul und er bleibt wie erstarrt auf der Stelle liegen. Während er sich um die übrigen kümmert, kommt wieder Leben in den ersten und er bewegt sich weiter auf uns zu. Aber auch das hat der Mann im Griff und „parkt“ sie so, dass sie uns nicht zu nahe kommen. Zur Belohnung bekommen sie dann auch etwas Leckeres. Nachdem wir genug gesehen haben, schickt er sie wieder in ihren Tümpel und führt uns durch das Dorf. Aus allen Kanälen, an denen wir vorbei kommen, kommen die Kaimane, da sie offensichtlich Futter erwarten. Einmal bin ich etwas zurückgeblieben, um zu fotografieren, als ein Kaiman mir doch etwas zu nahe kommt, so dass ich sehr schnell den Anschluss an unsere Gruppe und speziell zu unserem Führer suche.

Danach Aufbruch aus dem sehenswerten Borko und Weiterfahrt nach Mopti, um endlich unsere Bargeldvorräte wieder aufzufrischen, was auch tatsächlich gelingt. Das ist nicht selbstverständlich, denn laut Internet gibt es den Automaten gar nicht, aber „Augenzeugen“ bestätigten uns seine Existenz.

Nach unserer Rückkehr nach Bandiagara erfahren wir, dass die defekte Pumpe an dem Brunnen in Lougourougoumbou bereits repariert worden ist, was uns sehr zufrieden stellt.

 

3.4.: Nach dem Frühstück holt uns Benoît Kassougué ab, den wir vor 14 Jahren kennen gelernt haben und der uns auch schon in Deutschland besucht hat, um uns sein Haus in Djiguibombo zu zeigen. Irgendwie heißen sie alle Kassougué und sind mit-einander verwandt. Sein Vater ist Chef de Village in Djiguibombo und er wird das Amt beizeiten übernehmen. Der Ort liegt auch an den Falaises de Bandiagara. Stolz zeigt er uns die neueste Errungenschaft des Dorfes, eine Leitung, durch die solarbetrieben das Wasser von dem Brunnen im Tal in das Dorf gepumpt wird. Die hat er seinem Dorf geschenkt und sie auch installiert. Er ist Bauunternehmer und gleichzeitig Fremdenführer. Mitten in dem Dorf, das aus kleinen Hütten aus Natursteinen besteht, hat er sich seinen „Palast“ gebaut. Zwei Stockwerke, die alles überragen, mit Solaranlage und allem, was dazu gehört, vom Kühlschrank bis zum Fernseher. Da er zwischenzeitlich noch einen Termin hat, machen wir mit Hablo eine kleine Wanderung durch die Falaises. Im Tal angekommen werden wir mit dem Auto von ihm abgeholt. Anschließend zeigt uns Benoît „sein“ Dorf und, weil Wochenende ist, wird Hirsebier gekocht, zu dem wir herzlich eingeladen werden. Es schmeckt etwas gewöhnungsbedürftig, aber wir haben das ja schon von vor 14 Jahren kennengelernt. Damals wurde es uns in Lougourougoumbou aus aufgeschnittenen Ölkanistern serviert. Dieses Mal wird es uns aus Kalebassen, das sind getrocknete und ausgehöhlte Kürbishälften, kredenzt.

 

4.4.: Ostersonntag in einem islamischen Land. Klaus und Doro überlegen, in die katholische Kirche zu gehen, und ich beschließe mitzugehen. Vielleicht ist der Ablauf in Afrika nicht so traditionell, sondern etwas lebhafter und mit viel Gesang. Die Leute sind feierlich herausgeputzt, die Alten wie die Jungen. Die Kinder tragen teilweise viel zu große Anzüge oder Schuhe, aber alle sind piekfein. Wir treffen alle Deutschen vom DED, der katholischen Mission und einige Touristen. Und tatsächlich ist der Ablauf viel lebhafter und längst nicht so steif wie bei uns und wird von einem Chor mit wunderbaren Liedern begleitet. Die Messe wird in Französisch und Dogon gehalten.

Danach geht es mit Hablo und seinem Auto nach Djenné mit seiner weltberühmten Moschee im Banko-Stil erbaut, d.h. in der traditionellen Lehmbauweise. Unterwegs haben wir eine Reifenpanne. Als wir den Reifen genauer betrachten, wundern wir uns, wie der überhaupt so lange gehalten hat, so abgefahren ist er. Ohne zu fragen hält ein Junge mit einem Eselskarren an und hilft uns. Danach verläuft alles nach Plan und wir erreichen ohne Probleme Djenné.

 

5.4.: Besichtigung der Stadt. Es ist Markttag und viele Leute aus der Umgebung haben sich in die Stadt aufgemacht. Es gibt wirklich fast alles zu kaufen. Auffällig sind vor allem die riesigen Haufen aus Altkleidern. Wir haben den Eindruck, dass das die Kleidung aus unseren Kleidersammlungen sein könnte, was ja eigentlich nicht der Sinn der Sache ist. Die Moschee hat in der letzten Regenzeit erheblich gelitten, eine Ecke ist total eingebrochen. Wir erfahren, dass aus diesem Grunde zur Zeit die Moschee von Nicht-Muslimen und auch von Frauen besichtigt werden kann – gegen ein nicht unerhebliches Eintrittsgeld. Aber wir lassen uns davon nicht abschrecken und nutzen die Gelegenheit, die man nicht so schnell wieder bekommt. Eine der berühmtesten Moscheen der Welt, Weltkulturerbe, können wir von innen besichtigen. Und wir dürfen sogar filmen und fotografieren. Ein Mitarbeiter der Moschee führt uns hindurch und beantwortet uns freimütig alle Fragen. In dem Innenhof der Moschee werden die zylinderförmigen Lehmbausteine in der Sonne getrocknet, damit sie für die Reparatur verwendet werden können. Heute verwendet man für alle Bauten nur noch die rechteckigen Ziegel aus Lehm, aber die Moschee wird natürlich auf die traditionelle Art und Weise wiederhergestellt. Dem Lehm wird, um ihn gegen Regen abweisend zu machen, Karitébutter beigefügt, ein kostbares Hautkosmetikum, das in vielen europäischen Kosmetika verwendet wird. Es wird aus der Mandel des Karitébaumes hergestellt. Nach der Besichtigung und einem ausführlichen Marktrundgang, bei dem auch Hablo einen „neuen“ Reifen für sein Auto findet, geht es zurück nach Bandiagara.

 

6.4.: Morgens Besuch in Hablos Schule. Die Osterferien sind zu Ende und der Schulbetrieb läuft wieder. Wir gehen durch die Klassen, die z.T. über 80 Schüler haben: eine Klasse 6 mit 98 und eine Klasse 7 mit 157 Schülern!!! Wir sprechen mit den Lehrern und zollen ihnen unseren größten Respekt, unter solchen Umständen unterrichten zu müssen. Aber es funktioniert, denn – so die Lehrer – die Einstellung zur Schule und zum Unterricht ist offensichtlich ganz anders als bei uns.

Mittags nach der Schule fahren wir mit Hablo noch einmal nach Mopti und machen einen Rundgang durch das Hafengelände. Das Gewimmel aus Menschen und das Angebot an Waren ist wirklich beeindruckend, von Steinsalzplatten aus der Sahara, die von Karawanen nach Timbuktu gebracht und von dort auf dem Niger nach Mopti transportiert werden, bis zu Kalebassen in allen Größen und säckeweise getrocknetem Fisch, übersät mit Fliegen. Rückkehr nach Bandiagara und das letzte Mal Doko in unserer Stammkneipe, der Auberge Kansay.

 

7.4.: Noch einmal ein dichtes Programm: Besuch in einem Kindergarten von Bandiagara, für den das integrative Montessori-Kinderhaus, in dem Doro Harnacke arbeitet, eine Patenschaft übernommen hat. Danach Unterzeichnung des Vertrags über die Einstellung von 2 bzw. 3 Lehrern für unsere Schule in Lougourougoumbou. Dann Fahrt nach Lougourougoumbou, um dort nach den Osterferien den Unterrichtsbetrieb anzusehen. Mit den Kindern und den Lehrern gehen wir zu dem frisch reparierten Brunnen und lassen uns zeigen, wie sie von dort Wasser holen. Noch einmal Abschied von den Dorfbewohnern – wir werden mit Geschenken überhäuft: eine Ziege sowie ein Jägerkostüm für Klaus und mich. Wir haben wohl mal geäußert, dass uns diese Kostüme gut gefallen. Hablo hat auch für uns Anzüge schneidern lassen aus Stoff, der zu Ehren der 50jährigen Unabhängigkeit des Staates Mali mit entsprechenden Aufdrucken hergestellt worden ist. Abends gibt es dann die Abschiedsfete bei Hablo, für die die Ziege, unser Geschenk der Dorfbewohner, leider ihr Leben lassen muss. Aber wir können sie ja nicht mitnehmen nach Köln. Aus Lougourougoumbou kommen die Lehrer, Nindiou und der Vorsitzende des Elternvereins sowie alle, mit denen wir während unseres Aufenthalts zu tun hatten.

 

8.4.: 5:30 Uhr Aufstehen und Fahrt nach Sévaré, von wo uns der Bus nach Bamako bringt (ca. 10 Stunden Fahrt). Am Busbahnhof in Bamako reißen sich die Taxifahrer um uns, um uns zu total überhöhten Preisen in unser Hotel zu fahren. Der erste hat ein viel zu kleines Auto, was er aber nicht wahrhaben will. Immer wieder versucht er, das Gepäck in seinen Kofferraum zu pressen. Schließlich beenden wir die erfolglosen Bemühungen, nehmen unter großem Protest seinerseits unser Gepäck aus dem Kofferraum und suchen uns ein größeres Taxi. Die letzte Nacht verbringen wir in demselben Hotel wie bei unserer Ankunft.

 

9.4.: Wir besichtigen noch einmal die Stadt Bamako, denn auf dem Hinweg reichte dazu die Zeit nicht aus. Auf dem Marché Rose werden wir von allen möglichen Leuten mit Angeboten aller Art überhäuft. Wir können uns dessen kaum erwehren. Aber wir haben glücklicherweise inzwischen Routine im Umgang mit Händlern. Abends bringt uns unser Hotelier zum Flughafen. Obwohl noch Trockenzeit ist, geht ein gewaltiges Tropengewitter nieder und setzt den Flughafen kurzfristig außer Funktion. Kein Strom, keine Beleuchtung, keine Starts. Aber bis wir starten, ist alles vorbei und läuft reibungslos.

 

10.4.: Ankunft in Brüssel um 13:30 Uhr nach kurzem Aufenthalt und Umsteigen in Casablanca. Rückfahrt nach Köln, bzw. Bonn und Bad Honnef.